Eine ungeplante Wanderung
Die vielen warmen Sonnentage im Februar haben die Vorfreude auf’s Wandern in mir geweckt.
Wandern ist eigentlich nicht so meine Leidenschaft, eher flottes spazieren gehen. Ich bin eine Wasserratte, wenn es höher hinauf geht, blocke ich ab. Bis zu diesem Tag im September 2020 !
(c) Claudia Thonhauser
Die Wettervorhersage kündigte ein sonniges und warmes Wochenende an, genau richtig um meiner Freundin Claudia den Schwarzenbergpark zu zeigen. Dieses Stückchen Grün von Wien kannte sie nämlich noch nicht. Ich kenne diesen Park ganz gut, aber auch nicht jeden Winkel davon. Also holten wir unsere strapazierfähigen Freizeitschuhe hervor, schnappten unsere Rucksäcke und füllten diese mit Getränken, einem Apfel, Taschentüchern und natürlich auch Regenschutz, man weiß ja nie 😊 !
Mit der Linie 43 fuhren wir bis zur Endstation Neuwaldegg und nahmen dann den Bus 43 A bis zur Marswiese. Ein paar Minuten zu Fuß und wir waren an unserem Ausgangsziel angekommen. Hier trennt die Neuwaldegger Straße die Schwarzenberg Allee und hier liegt das Restaurant „Zur Allee“ mit seinen Schmankerln und den hervorragenden Mehlspeisen, aber Stärkung sollte es natürlich erst nach unserem Spaziergang geben.
Wir marschierten die Allee entlang, vorbei an zwei links liegenden Tümpeln genannt Schwanenteich 1 und 2 und einem Kinderspielplatz. Im Hintergrund hörte man das plätschern des Eckbaches, der noch weiter links hinter den Tümpeln und dem Kinderspielplatz entlang fließt. Unser Weg führte uns weiter bis zum Parapluieteich, wo eine Abzweigung nach rechts und eine nach links geht. Bei diesem Teich endet der Asphaltweg.
Viele Enten tummeln sich hier und hinter dem Teich steht etwas versteckt, umgeben von Bäumen, eine Bank. Dort machten wir kurz Rast und schauten den Wasserschildkröten beim Sonnen zu.
(c) Claudia Thonhauser
Kurz vor diesem Teich ist eine übersichtliche Orientierungstafel angebracht. Auf dieser entdeckten wir unter anderem eine Grotte eingezeichnet, diese wollten wir unbedingt erforschen.
Der Weg zur Grotte ging nach links und führte uns über eine kleine Anhöhe, bis zu einem etwas verwilderten Gitter wo ein Schild befestigt war mit der Aufschrift „Einsturzgefahr betreten verboten“! Dahinter konnte man ein schwarzes Loch erkennen, das offenbar der Eingang zur Grotte war.
Das war’s also mit der Grotte. Zurückgehen kam nicht in Frage, also wandten wir uns nach rechts, wo wir kurz darauf ein Schild zum Häuserl am Stoan über Hameau entdeckten. Zeitangabe waren 30 Minuten.
Das Häuserl am Stoan ist mir noch gut in Erinnerung von den Ausflügen mit meinem Jugendfreund, es gibt dort gutes Essen und Trinken und eine fantastische Aussicht. Diese Ausflüge fanden allerdings immer mit dem Auto statt und so ist mir auch die steil ansteigende Straße noch gut im Gedächtnis geblieben.
Aber ich wollte dort immer schon mal auch zu Fuß hin und immerhin waren wir ja schon ein Stück bergauf gegangen, somit konnte der Rest des Weges ja nicht so schlimm sein.
Wir gingen also los. Wir wussten weder was uns erwartet, noch wie lang der Weg wirklich dauern würde, aber in Claudia habe ich eine wunderbare Abenteuergefährtin gefunden und so ließen wir uns überraschen. Der herrliche Wald und die gute Luft machten uns mutig.
Das erste Ziel war Hameau. Nach 10 Minuten bereute ich unseren Entschluss schon ein bisschen, denn es ging plötzlich steil bergauf. Aber umkehren kam für uns natürlich nicht in Frage. Der Aufstieg gestaltete sich etwas mühsam. Bei jeder Lichtung zwischen den Bäumen, die in Sicht war, dachten wir das Ziel wäre greifbar. Aber dem war nicht so.
Unsere T-Shirts waren schon leicht durchnässt und wir zwirbelten unsere langen Haare mit einem Steckkamm hoch, damit wir nicht so schwitzten.
Ab und zu blieben wir stehen um diesen wunderschönen Laubwald in seiner Gesamtheit auf uns wirken zu lassen und zu genießen. Was haben wir doch für ein Paradies vor den Toren Wiens.
Der Weg nahm eine Kurve und wieder war eine Lichtung in Sicht. In dieser Kurve stand eine Bank, worauf eine ältere Dame Rast machte. Wir fragten nach dem Weg und die Dame meinte freundlich, dass es nicht mehr weit sei. Sie käme immer mit dem Auto soweit es möglich war hier herauf und gehe den Rest dann mit ihren Nordic Walking Stöcken zu Fuß weiter. Diese Begegnung gab uns wieder Motivation, wenn diese betagte Dame das schafft, dann auch wir.
Plötzlich eröffnete sich vor uns wieder eine Lichtung und diesmal war auch ein Stück Wiese zu erkennen. JA !!! Wir waren endlich am Ziel. Wir hatten Hameau erreicht.
Es ist ein Plateau mit einer zum Teil schattigen Wiese, auf der verteilt Bänke und Tische stehen, ein richtiger Rastplatz also. Ebenso befindet sich hier ein kleines Häuschen, das früher mal ein Gasthaus war. Dieses Häuschen hatte ein Stockwerk mit Balkon und war offensichtlich frisch renoviert.
(c) Claudia Thonhauser
Der österreichische Feldherr Franz Moritz von Lacy ließ 1782 zu Jagdzwecken am Hameau, dem höchsten Punkt des Parks, 17 äußerlich schlichte Hütten errichten, die der Unterbringung von seinen Gästen dienten. Das Areal wurde „Holländerdörfl“ genannt, denn vor jeder Hütte war nach holländischer Art ein Baum gepflanzt.
Nach Lacys Tod verfiel das Holländerdörfl und wurde abgetragen. Im Zweiten Weltkrieg war auf der Anhöhe eine Flugabwehrkanone stationiert.
Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es bis in die 1960er Jahre ein Wald-Wirtshaus auf der Anhöhe.
Ich blickte zum Himmel und dachte an meinen Vater, denn das letzte Mal war ich als Kind mit ihm am Hameau. Er würde es sicher nicht glauben, dass ich freiwillig hier herauf gewandert bin.
Unsere Gesichter waren knallrot, die
aufgezwirbelten Haare klatschnass,
aber wir waren glücklich.
Wir setzten uns auf eine Bank, zogen die Schuhe und Socken aus und steckten die Füße ins kühle schattige Gras.
Kurze Verschnaufpause war angesagt und danach gings ab zur Fotosession. Unser Ziel musste doch unbedingt fotografisch festgehalten werden und dieses Häuschen bot lustige Motive.
Zum Häuserl am Stoan war es dann nicht mehr so weit und vor allem es gab keinen Anstieg mehr. Wir kamen beim Häuserl am Roan vorbei und dann an einer Bushaltestelle mit der Aufschrift „Dreimarkstein“, jetzt wussten wir, dass auch ein Bus hier herauf fährt und zwar der 43 A. Noch ein paar Minuten weiter und wir waren beim Häuserl am Stoan angelangt und was uns da erwartete, war die Belohnung für alle unsere Strapazen.
Der herrliche Ausblick war einfach umwerfend, ganz Wien lag uns zu Füßen!
(c) Claudia Thonhauser
Wir genossen die gute Hausmannskost
und belohnten uns mit Eispalatschinken.
Nach diesem vorzüglichen Essen und ½ Liter Most waren die Speicher wieder aufgefüllt und wir konnten den Heimweg antreten.
Die Sonne war schon leicht am Untergehen und blinzelte uns zu während wir durch die Weinberge von Neustift am Walde bergab wanderten.
Bei der Krottenbachstraße/Agnesgasse nahmen wir den 35 A zur U6.
Als wir im Bus saßen fühlten wir uns etwas matt, aber das Glücksgefühl über diese ungeplante Wanderung überwiegte und nahm uns jede Müdigkeit.
Der Schwarzenbergpark und seine Umgebung ist sehr weitflächig und so warten hier noch viele schöne Plätze auf uns!
(c) Claudia Thonhauser
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